Pressemitteilung vom Klimacamp Augsburg am 26.5.2021

Aktivistinnen demonstrieren zum GNTM-Finale nackt gegen die Normierung und Kapitalisierung weiblicher* Körper

Für den morgigen Donnerstag (27.5.2021) riefen Aktivist*innen des Augsburger Klimacamps zu einer Demonstration mit dem Namen „Runter von der Waage, rauf auf die Straße“ vor der Pro7-Zentrale in Unterföhring auf, um auf die Instrumentalisierung des weiblichen* Körpers in der Castingshow Germanys-Next-Topmodel aufmerksam zu machen. Anlass sei das Finale der 16. Staffel von Germanys-Next-Topmodel. Die Aktivist*innen schließen damit an Protestaktionen aus den Vorjahren an.

Ziel der Aktion sei es, ein Zeichen gegen die Normierung des weiblichen Körpers zu setzen. Neben der wissenschaftlichen Erkenntnis, dass die Castingshow in engem Zusammenhang mit Essstörungen stehe (vgl. Götz 2018), sei es den Aktivist*innen wichtig zu betonen, dass die in dieser Sendung propagierte körperliche Norm überhaupt nur von 4% der Bevölkerung zu erreichen und damit alles andere als ‚normal‘ sei (vgl. Hawkins u.a. 2004). Aussagen von Heidi Klum wie „Nicht vor dem Shoot weinen“; „Aber bevor du weinst fang lieber an“ (https://www.youtube.com/watch?v=snMkjKU-wsc) stehen laut den Aktivist*innen paradigmatisch für den ausschließlichen Fokus auf Äußerlichkeiten bei gleichzeitigem Ausschluss dessen, was die Teilnehmenden darüber hinaus bewege. Gesamtgesellschaftlich betrachtet stehe dies mit weiteren Formen der Diskriminierung in Zusammenhang, die einem gleichberechtigtem Zusammenleben aller Geschlechter entgegenstehen: „Frauen* weltweit sind alltäglich mit sexuellen Übergriffen und weiteren Formen sexualisierter Gewalt konfrontiert. Eine Sendung, deren sozialisatorischer Effekt sich darauf beläuft, jegliche Gefühle und eigene körperliche Grenzen für die kapitalistischen Zwecke anderer – beispelsweise Pro7 – zu unterdrücken, sich dem Willen anderer anzupassen, steht der Entwicklung einer selbstbestimmten und starken Persönlichkeit von jungen Frauen diametral entgegen“, so Aktivistin Lucia Reng (21).

Die Sendung „Germanys Next Topmodel“ ist in vergangenen Jahren immer wieder in Verruf geraten, so auch im Jahr 2019 in gemeinsamer Kampagne mit dem Verkehrsministerium. Das Ziel: Die Nutzung von Fahrradhelmen steigern. Das Mittel: Ein nur in Unterwäsche und Helm bekleidetes Model neben dem Slogan „looks like shit. but saves my life!“ - „peinlich, altbacken und sexistisch“ sei die Kampagne nicht nur laut Katja Mast (SPD) gewesen (vgl. Helm-Kampagne: Peinlich und altbacken | ZEIT ONLINE). Laut den Demonstrierenden befördere GNTM und deren Kooperationspartner*innen insgesamt die Sexualisierung des weiblichen* Körpers, indem dieser vorwiegend zu Dekorationszwecken jeglicher Produkte instrumentalisiert wird. „Solange der weibliche* Körper in einer absurd normierten Form als Mittel benutzt wird, um Gewinnspannen zu maximieren, ist es feministische Pflicht, gegen diese Normierung einzustehen. Nur wer sich gegen die Objektifizierung und Normierung weiblicher* Körper einsetzt, setzt sich für Freiheit und Gleichheit ein“, betont Rengs Mitstreiterin Eva Brunner (24).

Auf die Frage, was der Sender Pro7 tun könne, um den Anforderungen der Aktivist*innen gerecht zu werden, antworten diese einheitlich: „Das Programm absetzen. Eine Castingshow, die Frauen* ausschließlich nach äußeren Merkmalen bewertet, reproduziert einen gesellschaftlichen Blick auf Frauen, der völlig aus der Zeit gefallen ist. Daran ändern auch Comedy-Elemente und propagierte Diversität nichts. Germany‘s Next Topmodel ist Diskriminierung der höchsten Stufe!“

Quellen

  1. Hawkins, N., Richards, S., Granley, M. & Stein, D. (2004). The impact of exposure to the thin-ideal media image on women. Eating disorders, 12, 35-50.
  2. Götz, Maya (2018): Der Gedanke, „zu dick zu sein“ - Fernsehen und seine Bedeutung für das Körperempfinden von Mädchen. In: Haushalt in Bildung und Forschung (2018), Jg. 7 H. 2, S. 75-89.