Pressemitteilung von Augsburger Verkehrswendeaktivist*innen am 27.05.2022

Erstmals auch an der Ulrichschule, auf direkten Wunsch der Schulleitung: Aktivist*innen wandeln Hallstraße temporär in autofreie Zone um und fordern autofreie Zonen rund um Schulen – Aktivist*innen rufen den Freitag zum Auto-Frei-Tag aus und nehmen die Verkehrswende auf der Hallstraße selbst in die Hand

Dies soll ab sofort regelmäßig im Rahmen des „Auto-Frei-Tag“ stattfinden.

Aktivist*innen hinter dem Augsburger Verkehrswendeplan nutzten am heutigen Freitag (27.5.2022) das Versammlungsrecht, um temporär eine autofreie Zone umzusetzen: für die Zeitdauer der beiden Pause des Holbein-Gymnasiums (09:30-09:50 und 11:20-11:40) und der Ulrichschule (10-11 Uhr) wird die Hallstraße durch die Versammlungsfreiheit für den Autoverkehr gesperrt.

Eine solche Aktion fand auch schon am vorletzten Freitag (13.5.2022) im Rahmen der Vorstellung des Verkehrswendeplans und dem darauffolgenden Dienstag (17.05.2022) als Reaktion auf einen Unfall in der Hallstraße statt, so Florian Lenz (21). „Wir zeigen heute, dass eine Sperrung der Hallstraße für Autos möglich und notwendig ist.“

Seit mittlerweile mehreren Jahrzehnten ist eine autofreie Hallstraße im Gespräch; es ist ein lang gehegtes Begehren der Schulfamilie ums Holbein-Gymnasium. „Daher zeigen wir direkt während der Pausen des Holbein-Gymnasiums, wie die autofreie Hallstraße aussehen könnte: als sicherer Schulweg, als Freiraum für Schüler*innen und als Bestandteil einer zentralen autofreien Fahrradstraßenverbindung durch die Innenstadt“, so Ute Grathwohl (49).

„Die Zeit des ungezügelten Autoverkehrs vor Schulen ist vorbei“, erklärt Ute Grathwohl (49), die sich beim Verkehrswendeplan insbesondere zum Thema sichere Schulwege einbrachte. „Als Mutter ist mir dieses Thema ein besonderes Herzensanliegen.“ Auch bei der Roten-Tor-Schule kam es erst vor zwei Wochen zu einem Unfall, bei dem ein Grundschüler vor der Schule von einem Auto erfasst und verletzt wurde.

Die Aktivist*innen kündigten an, fortan regelmäßig Schulstraßen mittels Versammlungsrecht temporär autofrei umzugestalten, unter anderem im Rahmen des Auto-Frei-Tags, im Rahmen dessen Straßen vor Augsburger Schulen temporär für den Autoverkehr gesperrt werden sollen. „Dazu ermächtigen wir auch die Schüler*innen selbst durch Versammlungsrecht-Workshops. Solange die Stadt keine Sofortmaßnahmen wie im Verkehrswendeplan vorgeschlagen umsetzt und einseitig das Partikularinteresse Auto fördert, bleibt Verkehrswende Handarbeit“, erklärt Grathwohl. Selbst der ADAC fordere, dass Kinder zu Fuß oder per Fahrrad unterwegs sein sollen, um das frühzeitig zu lernen – und dass deshalb Elterntaxis, falls es sie noch gibt, mindestens 250m von Kindergärten und Grundschulen wegbleiben, so die Aktivist*innen. [1]

Grathwohl bezieht sich damit auch auf die seit Jahren kontinuierlich ansteigenden Autozahlen in Augsburg [2]. Vor allem die für Fußgänger*innen mit geringer Körpergröße – klassischerweise Kinder im Kita- und Schulalter – besonders gefährlichen großen SUV sind in immer größerer Zahl auf den Straßen unterwegs. „Hier wäre die Politik gefragt, durch einen günstigen und ausgebauten öffentlichen Personennahverkehr attraktive Alternativen zu schaffen.“ Die Aktivist*innen schlagen dafür im Verkehrswendeplan ein Ausbau des Tramliniennetzes, etwa nach Hochzoll Süd und Richtung Hammerschmiede vom Hauptbahnhof kommende durch die Karlstraße und von Göggingen über Messe zum Innovationspark oder, wie schon lange geplant, nach Haunstetten Süd, vor. „Kurzfristig möglich ist die Etablierung von Schnellbussen auf den Bundesstraßen mit enger Taktung im AVV-Gebiet zur Verknüpfung von DB-Bahnhöfen, Straßenbahnästen und Randzielen.“

Die Stadt sei dabei in der Pflicht, öffentlichkeitswirksam entsprechende Fördermittel bei Bund und Land einzufordern, sowie übergangsweise von Augsburgs Unternehmen eine Nahverkehrsabgabe zu erheben. „Das ist nur fair, schließlich profitieren unsere Unternehmen von einer guten Mobilität ihrer Kund*innen und Beschäftigen.“

[1] https://www.adac.de/verkehr/verkehrssicherheit/kindersicherheit/schulweg/elterntaxi-hol-bringzonen/
[2] https://www.augsburg.de/fileadmin/user_upload/buergerservice_rathaus/rathaus/statisiken_und_geodaten/statistiken/2020Jahrbuch_Internet.pdf, Abschnitt 7.02

ÜBER DEN VERKEHRSWENDEPLAN

Der Verkehrswendeplan ist der erste umfassende Konzeptentwurf für eine Umgestaltung des öffentlichen Raums im Sinne einer Verkehrswende. Neben fünf übergeordneten Zielen formuliert er zahlreiche konkrete Vorschläge für Augsburgs Straßenraum.

Ausführliche Homepage zum Verkehrswendeplan: https://www.verkehrswende-augsburg.de Flyer zum Verkehrswendeplan (1. Auflage, Stand Mai 2022): https://www.verkehrswende-augsburg.de/assets/Flyer%20Verkehrswendeplan%20Augsburg.pdf

ÜBER DAS KONZEPT DER NAHVERKEHRSABGABE

(Quelle: https://projektwerkstatt.de/index.php?domain_id=40&p=14668)

Bei der Nahverkehrsabgabe (versement transport) wird die französische Taxe Versement de Transport (VT) als Vorbild genommen, die Kommunen ab 20.000 Einwohnern zweckgebunden zur ÖPNV-Finanzierung erheben können. Das Steueraufkommen kann investiv und konsumtiv verwendet werden. Die französische Nahverkehrsabgabe ist von Arbeitgebern mit mehr als zehn Mitarbeitern und vom Einzelhandel als Nutznießer des ÖPNV-Angebots zu entrichten. Die Nahverkehrsabgabe ist an die Lohnsumme gekoppelt und der Steuer-Höchstsatz orientiert sich an der Einwohnerzahl der Kommune.

  • Abgaben entweder pauschal für alle Gewerbetreibenden, die vom kostenlosen Personenverkehr profitieren (Handel, Dienstleister, Hotels, Gaststätten, Touristik usw.) oder speziell für die Anlieger an Linien, wenn Haltestellen z.B. an öffentlichen Einrichtungen, Geschäften und anderen Vielfachzielen eingerichtet werden. So wird in Frankreich der kostenlose Nahverkehr finanziert. Dafür nötig ist eine Ermächtigung für Kommunen, solche Nahverkehrsabgaben erheben zu können.

  • Integration bisheriger Kund*innen- und Sonderlinien in die Freifahrnetze. So bringen z.B. im ländlichen Bereich Supermärkte Solche Linien können in den Nulltarifs-Fahrplan integriert und der Handel an den Kosten beteiligt werden.